Woher kommt die Wertschätzung des Alters?
Woher kommt die Würdigung des alternden Menschen?
Woher kommt das Verständnis, das Gefühl, das Annehmen dessen, dass wir alle irgendwann nicht mehr in der Lage sind das Gleiche zu leisten wie noch in unserer Jugend?
Wann legen wir den Grundstein dafür, dass Fehler machen vollkommen in Ordnung ist-weil wir älter werden-manches nicht mehr so gut können-nicht mehr so beweglich sind-körperlich, vielleicht auch geistig.
Wir erwarten uns Respekt von unseren Kindern. Wir haben sie erzogen, gelehrt, ihnen UNSERE Werte vermittelt.
Haben wir sie so erzogen das Alter zu respektieren?
Haben wir sie gelehrt die Werte anderer zu achten? Oder nur erwartet, dass sie unsere Werte annehmen, weil sie doch unsere Kinder sind?
Alle glücklichen Familien gleichen einander. Jede unglückliche Familie ist auf ihre eigene Art unglücklich.
Wenn meine Mutter mit 76 unsicher ist wie ihre Arbeitnehmerveranlagung (=Lohnsteuerausgleich) zu machen ist, sie sich nicht merkt wie sie ihre SMS am handy löschen kann oder sie nicht weiß wie sie die bankomat Funktion nützen kann-habe ich die Geduld ihr alle Fragen zu beantworten?
Habe ich das Gespür dafür, sie in der Zeit wo ihr Partner verstorben ist, sie richtig zu begleiten, zu unterstützen, ihre Gefühle zu achten-egal wie es mir dabei geht?
Vermutlich ist das alles möglich, wenn du dich selbst als Kind von deinen Eltern genauso angenommen gefühlt hast. Wenn du die absolute Gewissheit hattest, dass dich deine Eltern genauso lieben wie du bist. Du dir der bedingungslosen Zuneigung deiner Mutter, deines Vaters, sicher sein konntest.
Vielleicht fragst Du dich „wer kann das schon von sich behaupten?“
Zu recht.
Kinder sind vermutlich die besten Lehrmeister. Sie halten uns einen Spiegel vor, ob wir wollen oder nicht. Sie lehren uns Geduld, zeigen uns unsere Grenzen auf und konfrontieren uns oftmals mit unserer eigenen Kindheit.
Was nun, wenn Kindern keine oder wenig Zuneigung durch ihre Eltern zuteil wurde? Wenn die Geduld einfach nicht gereicht hat.
Oder einfach die eigene Erziehung, die eigenen Glaubenssätze, es Eltern unmöglich gemacht hat ihren Kindern gefühlvoll, geduldig, liebevoll entgegen zu treten-Was dann?
Wir alle werden älter, benötigen irgendwann Unterstützung, vielleicht vergessen wir wie wir unsere SMS am handy gelöscht haben, wie wir ganz alltägliche Dinge gemeistert haben. Möglich dass wir auch den Beistand unsere Kinder brauchen weil unser Partner verstorben ist.
Können wir uns dann gewiss sein, dass uns unsere Kinder mit der nötigen Geduld, dem notwendigen Gespür und der bedingungslosen Zuneigung entgegentreten?
Man wird sehen.
Ich liebe meine Mutter.
Ich denke wir haben unsere Dinge in diesem Leben bereinigt.
Ich bin für sie gerne da, verbringe sehr gerne Zeit mit ihr, unterstütze sie wo es mir möglich ist.
Ich werde sie jedoch nicht pflegen. Seine Eltern zu lieben, zu achten und ihr Leben und ihr Schiksal zu würdigen „bedeutet in meiner Wahrnehmung“ nicht sie zu waschen-zu füttern-zu wickeln.
Und ganz gewiss braucht niemand ein schlechtes Gewissen zu haben wenn er das ebenfalls nicht als seine Aufgabe sieht.
Eltern bleiben Eltern, egal wie alt sie sind. Genauso bleibt ein Kind immer dein Kind.