Wertschätzung

Alt! Das werden Gott sei es gedankt, nur die anderen-der alte Mensch Teil 2

Gerne habe ich früher schmunzelnd von einer Dame erzählt, mit der ich oft während der ersten Zeit meiner Tätigkeit in der Altenbetreuung, spazieren gegangen bin.

Sie war damals selbst weit über 80, hat mich aber oft mit einem milden Lächeln auf so manche „alte“ Frau hingewiesen.

Sehen Sie nur die alte Frau oder den Mann dort auf der Parkbank“, habe ich bei vielen unserer Spaziergänge gehört.

Auch ihre Schilderung davon, dass sie einer alten Person beim Ausgang der Apotheke die Stufen hinunter geholfen hat, hat mich früher amüsiert.

Ist es nicht tatsächlich so, dass wir immer das Gefühl haben nur alle anderen werden alt?

Klassentreffen sind so ein Klassiker an denen wir uns gerne damit rühmen, dass z.B. die Rita echt schon viele Falten hat. Vermutlich viel zu viel Sonne!

Oder der Robbi! Weder kahle Stellen am Kopf noch der Bauch der deutlich mehr als ein Six-pack darstellt, machen optisch jünger.

Ach, der Bernd, der sieht noch ganz gut aus. Grau Schläfen stehen doch wirklich nur einem Mann.

Und ehrlich, die Bärbel hat doch sicher etwas machen lassen. So wenige Falten gibt es sonst doch gar nicht in unserem Alter.

So können wir beruhigt von unserem Klassentreffen nachhause gehen, in dem Glauben doch wirklich deutlich jünger als alle anderen Anwesenden, auszusehen.

Entspricht das tatsächlich der Wahrheit? Ist doch eigentlich auch egal, Hauptsache wir empfinden es so 😉

Wie heißt es so schön „man ist so alt wie man sich fühlt“

Ein eher schwacher Trost für jeden der sich an manchen Tagen nicht wohl oder gesund fühlt. Oder gar dauerhaft eingeschränkt ist.

Das bringt mich zu meinem AHA Erlebnis der vergangenen Woche.

Ich nahm an der Vorlesung der ÖPIA (=Österreichische Plattform für Interdisziplinäre Altersfragen) zum Thema „Fit, produktiv und sorgend? Das Alter als Ressource in Zeiten des demografischen Wandels“, teil.

Ich selbst sehe mich mit meinen 50 Jahren sehr gerne als fit, aktiv, beweglich im Denken und Handeln und überhaupt als Menschen, der nicht wirklich altert. (An den meisten Tagen zumindest)

So stehe ich auch zu meiner Ansicht, dass wir uns immer weiterentwickeln können, ja sogar müssen, um nicht stehen zu bleiben.

Auch meine Überzeugung zur Pension beinhaltet das Denken, ich könnte doch ewig weitermachen, wer sollte oder könnte mir das verbieten?

Zurück zur Vorlesung von Prof. Dr. Silke van Dyk.

Man kann sagen, sie hat mich mit ihren durchaus provokanten Fragen ein wenig meine Sichtweise erweitern lassen.

Ein Slogan, wie der aus Deutschland stammende „Sie können mehr Spuren hinterlassen als eine Kuhle im Sofa“ als Zugpferd für eine Auftakt Veranstaltung AKTIV im ALTER, spricht mich persönlich tatsächlich an.

Bei vielen meiner Tätigkeiten weise ich gerne auch einmal unbequem auf das Thema Alt-sein hin. Mein Anliegen ist es, uns alternde Menschen nicht ausschließlich in einem Szenario des Pflegenotstands wahrzunehmen. Den Menschen-also auch UNS SELBST– im Älter werden nicht nur als „zu Versorgende“ oder als „Pflegefälle“ zu sehen.

Dabei ist mir tatsächlich entgangen wie wir und das Alter an sich, instrumentalisiert werden.

Das Top Thema schlechthin.

  • Als Krisenszenario des demographischen Wandels- als Überalterung der Gesellschaft
  • Als Hype (=Übertreibung) der Älteren- als aktive Gesellschaftsmitglieder sowohl auf dem Arbeitsmarkt wie auch im Ruhestand

An dieser Stelle möchte ich meinen Lesern gerne einen Auszug aus dem Text von Prof. Dr. Silke van Dyk lesen lassen:

„Die vermeintlichen und tatsächlichen Probleme einer ergrauenden Gesellschaft sind zu einem apokalyptischen Krisenszenario verdichtet worden, das es ohne Weiteres mit dem Klimawandel oder der Finanzkrise aufnehmen kann. Auf der Suche nach Auswegen aus der drohenden demographischen Katastrophe sind mittlerweile-ganz nach dem Verursacherprinzip-die Alten selbst als Teil der Problemlösung  entdeckt worden: Sie sollen möglichst lange dem Arbeitsmarkt erhalten bleiben, sich im Ruhestand ehrenamtlich engagieren, in der Nachbarschaft helfen, in den Schulferien die Enkelkinder betreuen und sich eigenverantwortlich gesund und fit halten.“

Nichts dagegen einzuwenden sich auch weit über das tatsächliche Pensionseintrittsalter zu engagieren!

Bei einigen Gelegenheiten begegne ich in letzter Zeit dem Thema des Freiwilligen Engagement. Wertvoll und wichtig-keine Frage.

Leistbar? Kein Thema. Freiwilligen Arbeit sollte natürlich möglichst wenig kosten, wo wäre sonst der Gewinn.

Wer aktiv, gesund und agil ist darf sich gerne dafür entscheiden OB, WOMIT und WIE LANGE er sich engagieren möchte-ob am Arbeitsmarkt oder im ganz persönlichen familiären Rahmen.

Unentgeltlich oder sehr gering für seine Leistung bezahlt zu werden ist jedoch, aus meiner Sicht, zu keiner Zeit des Lebens positiv besetzt.

Schlimm ist es dort wo Menschen, die selbst zu wenig haben sich nirgends anders als im Freiwilligen Engagement wiederfinden können.

Menschen, die aufgrund einer Erkrankung oder körperlichen Einschränkung nicht im Stande sind, sich in welcher Art auch immer weiterhin zu engagieren, zählen sie irgendwann nur mehr zur Last der Gesellschaft? Wie können sie sich eigenverantwortlich gesund und fit erhalten?

Was ist mit denjenigen die durch ihre langjährigen Arbeitsbedingungen, wie z.B. Stress und/oder Mobbing, ganz einfach froh sind nicht mehr im Arbeitsprozess sein zu müssen?

Viele von den Problemen die auf uns als Gesellschaft vermeintlich und tatsächlich zukommen, werden auf die Schultern des Einzelnen abgewälzt.

Verantwortung wird zwar von uns als Individuum eingefordert aber von keiner geeigneten Stelle übernommen.

Die, bei der Veranstaltung der ÖPIA gestellte Frage, ob denn nicht eine parteiunabhängige Vertretung der älteren Menschen ein guter Ansatz wäre, traf die Antwort von Fr. Prof. Dr. van Dyk einen treffenden Punkt: „Leider findet sich kaum ein selbst Betroffener der für die Anliegen der angesprochenen Themen dieser Personengruppe einsteht. Denn keiner fühlt sich als betroffen oder gar alt“

Es scheint leicht zu sein für diverse Produkte oder Angebote zum Thema ANTI-AGING als fitter, gesunder Pensionist zu posieren.

ANTI-AGING = laut Wikipedia auch Altersverhinderung.

Ich persönlich glaube nicht, dass wir das Altern verhindern können. Wohl eher unsere Einstellung dazu zu überdenken. Aber auch dazu darf jeder seine eigene Sichtweise haben.

Die Kunst besteht darin, jung zu sterben, dass aber so spät wie möglich

(Reinhard Wandtner, deutscher Journalist).

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